Warum Antiquitäten Ihr Leben verändern werden
Grace & Holmes Erste Oldtimer-Rallye
Gleich gehts los und ich versuche ruhig zu bleiben
Ich liebe Antiquitäten
Wenn Sie, wie ich, eine Liebe für Antiquitäten und Vintage hegen, dann geht dies weit über Inneneinrichtung und Ihr Zuhause hinaus. Diese Liebe wird Ihren Modestil, die Bücher und Zeitschriften, die Sie lesen und sogar das Auto, das Sie fahren, prägen. Sie möchten so oft wie möglich von Antiquitäten und Vintage umgeben sein.
Nehmen wir zum Beispiel mein Auto: Ich wollte nie ein modernes Auto besitzen. Mein Traum war immer, einen Oldtimer zu fahren. Und unzählige Besuche mit meinem Vater auf Oldtimer-Messen haben mich sicherlich nachhaltig geprägt. Ein E-Type war mein Traumauto, oder zumindest ein Jaguar. Davon träumte ich bevor ich herausfand, wie viel die Wartung dieser schönen, historischen Autos tatsächlich kostet. Danach setzte ich mir meine Ziele etwas niedriger, etwas realistischer . Eine englische Schönheit in British Racing Green sollte es sein. Ich fand also meinen MGB GT von 1967 und taufte sie auf den Namen „Maggie“. Acht Jahre später, Anfang 2019, entschloss ich mich, das erste Mal an einer Oldtimer-Rallye teilzunehmen.
Maggie vorbereiten mit Ihrer Nummer 79
Wass genau ist ein Rallye?
Um ehrlich zu sein, war ich mir selbst gar nicht ganz sicher, was genau eine Rallye eigentlich ausmacht. Ich konnte mir vieles darunter vorstellen:Vielleicht war es ein richtiges Rennen oder aber auch eine sanfte Fahrt auf von schönster Natur umgebenen Landstraßen. Trotzdem wollte ich es ausprobieren. A Schließlich brauchte Maggie eine Herausforderung - und ihre Reifen brauchten Bewegung. Also bewarb ich mich . Als ich schließlich die Detailinformationen zum Rennen erhielt , wurde mir flau ums Herz. Ich las etwas über Aufgaben machen und chinesische Zeichen zu lesen und sogar einen Workshop sollte man absolvieren. Ich geriet in Panik und griff zum Hörer. Der Organisator musste schmunzeln, als er erkannte, wie nervös ich war und beruhigte mich. Er versicherte mir, dass wir viel Spaß haben und wunderschöne Landschaften und Gebiete kennenlernen würden, die wir sonst nie entdeckt hätten. Ich war zwar nicht wirklich beruhigt. Aber dennoch wollte ich es wagen – Maggie zuliebe.
Freitagabend fand der Workshop statt. Mein Partner und ich eilten herüber, wie immer etwas zu spät, und holten unsere Papiere und Nummernschilder für das Auto ab. Die Spannung stieg, als ich mich in der überfüllten Menge umsah. Zugegebenermaßen waren es hauptsächlich Männer, die meisten von ihnen scheinbar sehr erfahren. Doch auf die Frage, wie viele von uns Neulinge waren, schossen zahlreiche Hände in die Höhe. Ich war erleichtert! Trotz angestrengtem Zuhören wusste weder mein Partner, noch ich, was uns an diesem Tag wirklich erwarten würde. Also mussten wir uns einfach darauf einlassen und unser bestes geben. Wir bereiteten Maggie mit ihrer Nummer 79 vor und polierte sie so gut, dass sie vor Stolz glänzte. Wir sahen zu, dass wir etwas zu Abend aßen und versuchten trotz aller Nervosität wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.
Maggie schaut mal zu als die anderen Fahrer sich vorbereiten
Qual der Wahl
Guten Morgen
Am nächsten Morgen um 7 Uhr schreckt ich aus dem Schlaf – plötzlich wurde mir bewusst, dass ich keine Ahnung hatte, was ich anziehen sollte. Schließlich hatte ich nur die Wahl zwischen einem rosa Kleid im Stil der 60er Jahre mit einem Pillbox-Hut und Pumps oder einem dunkelgrünen MG Overall. Ich entschloss mich also für den Overall. Wäre ich in England gewesen, hätte ich das Kleid gewählt. In Deutschland dagegen geht man anders mit Verkleidung um, was ich eigenltich schade finde. UAber ehrlich gesagt fühlte ich nicht mich auch nicht wach genug für dieses Styling. Also hieß es, Overall an, diesen noch schnell mit einer bunten Hermes Seidenkrawatte und einem roten Lippenstift aufgepeppt, und fertig war ich. Mein Partner entschied sich für den Gentleman-Look mit rosa Fliege und Schiebermütze. Er sah dandy-like aus, muss ich sagen. Wir fuhren hin und bereiteten uns auf unseren Start vor. Leider verpassten wir die Eröffnungsreden, aber uns erwartete ein leckeres Frühstück und viel Kaffee . Unser Board-Buch, das man als unsere Bedienungsanleitung bezeichnen könnte, erhielten wir erst 15 Minuten vor unserem Start um 10:19 Uhr . Also blieb uns wenig Zeit zur Vorbereitung. Wir beobachteten also all die anderen Oldtimer Autos, die starteten. Vom 1930er Bentley mit über 200PS bis hin zu einem 90er Golf GTI der aufgrund des Ausfalls eines Mercedes Oldtimer Roadsters an diesem Morgen an den Start ging - es war eine bunte Mischung an britischen, deutschen und amerikanischen Klassikern. Mein Herz machte vor Glück ein paar Hüpfer.
Welche Nase gewinnt? Süss oder Sexy - DKW trifft Rolls Royce
Beaufort in Gatsby Stil
Unser Freunde der grünen Chevrolet Nr. 94
Chinesisch Lernen
Wir sprachen mit einigen anderen Fahrern und sie gaben uns einige Tipps zum Ausfüllen der Bordkartendetails. Die gaben den Rahmen fürZeit- und Kilometerangaben vor und enthielten leere Kästchen , die jeweils mit Zahlen ausgefüllt oder bei jedem Halt abgestempelt werden sollten. Es hieß, man könne unterwegs sogar Preise bekommen. Die Boardkarte 1 war für die erste Strecke, die Boardkarte 2 für die zweite. Aufgabe war es also, innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu einem bestimmten Punkten zu gelangen - NICHT schneller. Ansonsten drohten Strafpunkte. Die Aufgaben war nicht ganz trivial: Um von Punkt A zu PunktE zu gelangen, musste man zunächst chinesische Symbole im Bordbuch entschlüsseln und deren Anweisungen folgen: nach links, rechts, geradeaus usw., auch die jeweiligen Entfernungen waren enthalten (die mit einer Stoppuhr berechnet werden konnte). Im Verlauf der Route waren am Straßenrand Nummern zu finden, die man auf den Bordkarten notieren sollte. Erreichte man dann einen der ausgewiesenen Stopps, ließ man die Kästchen stempeln und die Zeit notieren. Puh, es gab VIEL zu beachten!
Ich nervös? Nein...
Dann kamen wir an die Reihe. Wir schnappten uns unser Bordbuch und eilten zum Auto. Mein Partner berechnete unsere ETA bei Punkt E und wir machten uns auf den Weg. 10:19 Uhr und los! Das Gefühl, als wir losfuhren, war großartig, wir waren umgeben von vielen Fans und Fahrern. Die erste Etappe war einfach, wir folgten einfach den anderen Autos, erreichten eine wunderschöne Villa und ließen uns fotografieren. Die darauffolgende Stunde war auch ein Kinderspiel, doch dann wurde es schwieriger. Zwei Dinge fielen uns auf: Zu einen wurden die Symbole zunehmend kryptischer, so wussten wir oft nicht, wo wir uns überhaupt befanden. Zum Glück waren wir damit nicht allein. Hinzu kam, dass Maggie die ständigen Stopps und Starts leider gar nicht mochte und ihre Kupplung begann, Probleme zu machen. Einmal saßen wir buchstäblich fest. Wir waren in einer Hecke gelandet und ich konnte wegen des Kupplungsproblems nicht rückwärts fahren. Ich war vollkommen ratlos, denn Maggie hatte noch nie zuvor solche Probleme gemacht. Ich schätze, sie hatte die Nase voll. Zum Glück kam ein sehr freundlicher Mercedes SLK-Fahrer wie aus dem Nichts, und gab uns einen tollen Tipp: Aufgrund von Luftblasen im Kupplungszug (der neu war) brauchte sie mehr Druckintervalle auf das Kupplungspedal. Ich probierte es aus und siehe da - es funktionierte. Hurra! Das war denkbar einfach und unsere Sorge , dass wir vielleicht ausscheiden müssten, war sogleich verflogen. Entlang der Route warteten außerdem so manche Überraschungen auf uns: An vielen Stopps erhielten wir bei jedem Stempel Obst, Sandwiches, Getränke und lokale Spezialitäten . Das spornte uns noch mehr an, und wir setzten unsere Tour fort, Maggie bis zum Rand gefüllt mit Köstlichkeiten . Nach so manchen falschen Abbiegungen erreichten wir endlich unser letztes Ziel auf der ersten Etappe und hatten schon einen Mordshunger. Ganz typisch deutsch ließen wir uns Wiener Würstchen und Kartoffelsalat zum Mitta schmecken. Und dann wurde es Zeit, dass wir uns auf die nächste Etappe der Rallye vorbereiteten.
Schöne Spiegelung
Chinesische Symbole? Welche chinesische Symbole?
Ach DIESE chinesische Symbole? Wo sind wir eigentlich?
Die Hühnerjungs
Auf ging es zur zweiten Etappe und der Regen kam - verschwand aber glücklicherweise auch schnell wieder. „Gott sei Dank“, dachte ich, denn meine Scheibenwischer sind nicht die besten. Dann, einige verwirrte und orientierungslose Blicke später, wurden wir von zwei Fahrern gerettet, die ich gerne als „die Hühnerjungs“ bezeichne. Sie fuhren in einem 1958er grünen Chevrolet Pickup und kleidete sich als Landeier, und nahmen das ganze denkbar ernst – mit ihnen fuhren nämlich zwei Hühner im Kofferraum. Sie fuhren gaaaanz gemütlich vor uns, rauchten beiläufig und verkörperten absolute Ruhe inmitten des Chaos. Das gefiel uns sehr und wir folgten ihnen ein paar Kilometer. Wir fuhren weiter an die Elbe und wurden amHafen lauthals empfangen. Wir schlängelten uns durch die Menge , wurden herzlich begrüßt, und ich erzählte die Geschichte, wie Maggie dank dem Bürgermeister von Eutin von England nach Deutschland und schließlich im Jahr 2011 in mein Leben kam. Diese Geschichte erzähle ich jedes Mal wieder gern. Und schon ging es weiter, durch Sonne und Regen, vorbei an Bauernhöfen und Landhäusern, an einem Fluss entlang und durch kleine versteckte Sträßchen, um schließlich auch durch die Altstadt von Stade, durch enge Gassen bis zum Fischmarkt. Wir waren am Ende der zweiten Etappe kurz vor unserem Endziel angelangt und ich war bereits ziemlich erschöpft, das muss ich zugeben. Wir fuhren weiter, denn wir waren bereits sehr spät dran. Aber wir wollten sichergehen, dass wir unsere Rallye innerhalb der vorgegebenen Zeit beenden und glücklich abschließen konnten.
Wir folgen die Hühnerjungs
Inklusive coole Hühner
Als wir endlich ankamen, wurden uns zwei Gläser Altes Land Apfelmost gereicht und wir gaben unsere Bordkarte ab, vollerHoffnung, dass wir nicht die Letzten waren. Ich war etwas benebelt und fuhr langsam vor, um zu parken. Nach fast acht Stunden am Steuer konnte ich meine Beine kaum noch richtig spüren und ich hatte Muskelkater in Muskeln, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie habe. Auch mein Partner und Beifahrer war erschöpft - aber zugleich auch begeistert. Wir sahen uns an und strahlten. Endlich, nach ein paar Minuten, konnten wir die anderen Oldtimer in ihrer vollen Pracht genießen und mit den anderen begeisterten Fahrern und Beifahrer sprechen. Es folgten ein üppiges Abendessen, gute Musik und die Verleihung der Trophäen. Ich war erstaunt über die Altersspanne und die Vielfalt der Menschen, Autos und Kulturen. Alle teilten die gemeinsame Leidenschaft für Antiquitäten, Oldtimer und Klassische Autos.
Erschöpft aber glücklich am Ziel
Maggie ruht sich aus
Endlich am Ziel
Letztlich hat es bei uns nicht für eine Trophäe gereicht. Aber um ehrlich zu sein, habe ich auch nicht wirklich eine erwartet. Denn das war nicht das Wichtigste. Wir waren müde und glücklich. Wir hatten einen wunderbaren Tag hinter uns – einen Tag voll Freude an Oldtimern und beeindruckenden Fahrkünsten, einen Tag im Zeichen unserer Leidenschaft für aussergewöhnliche aber unvergessliche Autos. Diesen durften wir gemeinsam mit Menschen verbringen, die diese Leidenschaft teilen. Wir verbrachten den Tag in einer Welt, die etwas langsamer ist als unsere heutige, die sich durch einen Stil auszeichnet, der heutzutage oft verloren geht, nach dem sich jedoch viele Menschen sehnen. Ich habe mich vollends in die Teilnehmer dieses Tages verliebt - ob es nun die Autos oder die Menschen waren. Wir waren vereint in unserem Glück und lachten den ganzen Tag . Und überall, wo wir hinfuhren , erwarteten und begeisterte Fans und Zuschauer, die winkten, Fotos machten, uns bei der Wegbeschreibung halfen, uns Geschenke machten und den Tag zu dem machten, was er wirklich war. Ein Fest der Menschen.
Wenn Sie sich nun fragen: Werden und können Antiquitäten Ihr Leben verändern? Dann ist meine eindeutige Antwort: Ja auf jeden Fall, und zwar zum Besseren!
Ein Traum von Opel vorne und seitlich
Klassische Schönheiten überall zu sehen
Die Citroen die man kennt aus unzählige Französische Gangsterfilme
Warum Antiquitäten Ihr Leben verändern werden, wurde erstmals von Grace & Holmes veröffentlicht.
Fotos: Christoph Kopowski